Kolloquium: Diskursanalyse und Distant Reading (14. 11. 2015)

Müssen Literaturwissenschaftler_innen literarische Texte lesen? Nein, behauptet Franco Moretti und sorgt mit dieser Position für hitzige Debatten in den Geistes- und Kulturwissenschaften. Anstatt ausgewählte Werke zu interpretieren, werden an seinem Literary Lab in Stanford abertausende Schriften untersucht, die es nicht in den künstlerischen Kanon geschafft haben. Was Moretti als „distant reading“ bezeichnet, gehört zu den makroanalytischen Ansätzen der Digital Humanities, die mithilfe des Computers große Datenmengen archivieren und auswerten. Bei unserem Workshop diskutieren Historiker, Literatur- und Medienwissenschaftler aus Wien, Göttingen und Zürich die Frage, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Distant Reading und historischer Diskursanalyse bestehen. Michel Foucault verstand seine Archäologie als nüchterne Beschreibung jener Aussagen, die in einem bestimmten Textkorpus regelmäßig auftreten. Ein Verfahren, das mit digitalen Medien durchaus kompatibel ist. Aber warum setzen Diskursanalytiker_innen bei ihren Untersuchungen nur vereinzelt Computer ein? Und warum führen nicht mehr Vertreter_innen der Digital Humanities historische Diskursanalysen durch? Oder finden diese methodischen Verflechtungen bereits statt?

Programm

  • 12.00–13.00 Uhr: Frank Fischer, Peer Trilcke (Göttingen): Fernlesen mit Foucault. Digital Humanities und Diskursgeschichte
  • 13.00–14.00 Uhr: Maurice Erb (Zürich): Alles oder gar nichts lesen? Distant Reading zwischen computergestützter Hermeneutik und Digital Humanities 3.0
  • 14.30–15.30 Uhr: Patrick Kilian (Zürich): Morettis Stammbäume und Foucaults unterirdische Stollen
  • 15.30–16.30 Uhr: Georg Eckmayr (Wien): Sinn, Wahrnehmung & Algorithmen. Vom Digitalen als Diskursform
  • 17.00–18.00 Uhr: Arndt Niebisch (Wien): Automatische Archäologie, Crawling und das Semantic Web

Vortragende

Georg Eckmayr: Medienkünstler und Medienwissenschaftler, Doktorand und Lektor an der Universität für Angewandte Kunst in Wien.

Maurice Erb: Historiker und Software-Entwickler, Doktorand an der Forschungsstelle für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Zürich, Mitherausgeber des foucaultblog.

Frank Fischer: Literaturwissenschaftler und Software-Entwickler, Koordinator der Digital Humanities
Research Collaboration an der Universität Göttingen.

Simon Ganahl: Literatur- und Medienwissenschaftler, APART-Stipen­diat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Lehrbeauftragter an den Universitäten Wien und Zürich, Mitherausgeber des foucaultblog.

Patrick Kilian: Doktorand an der Forschungsstelle für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Universität Zürich, Mitherausgeber des foucaultblog.

Arndt Niebisch: Assistent am Institut für Germanistik der Universität Wien, Leiter der Forschungsgruppe Mediologie@Wien und Herausgeber der referierten Open-Access-Zeitschrift »Metaphora« (beides gemeinsam mit Martina Süess).

Peer Trilcke: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Deutsche Philologie der Universität Göttingen.

Konzept und Koordination

Simon Ganahl, Arndt Niebisch

Eine Kooperation von: Mediologie@Wien, foucaultblog, IWK

Siehe auch https://audiothek.philo.at/media/distant-reading-und-diskursanalyse-eine-hoercollag?id=3457

Mediologie

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