Wiener digitale Revue 3 (2021): Stimme(n)
Hg. Claudia Dürr, Wolfgang Straub.
Jetzt erschienen: die 3. Ausgabe der Wiener Digitalen Revue!
Die dritte Ausgabe der Wiener Digitalen Revue widmet sich dem Phänomen der Stimme(n). Wir lassen denBegriff bewusst in der Schwebe zwischen Singular und Plural, weil sich unser Schwerpunkt einerseits mitder Vielstimmigkeit und der Polyphonie auseinandersetzt, zugleich aber auch der einzelnen Stimme Gehörverleiht. Die Beiträge des Schwerpunkts gehen auf die internationale Tagung „sah ich mich rufen hören“.Stimme intermedial, polyphon, digital zurück, die wir im September 2020 am Klagenfurter Robert-Musil-Institut für Literaturforschung veranstaltet haben. Ausgehend von unserem Forschungsprojekt Koflerintermedial (www.aau.at/musil/literaturforschung/kofler und www.wernerkofler.at), das sich dem Werkdes österreichischen Schriftstellers Werner Kofler (1947–2011) und den Möglichkeiten einer im Digitalenfußenden Intermedialitätsanalyse widmet, haben wir angeregt, sich mit Stimme(n) sowohl polyphon alsauch intermedial auseinanderzusetzen.
Der Beitrag des Polyphonie-Spezialisten Boris Previšić legt mit seiner Begriffsgeschichte und mitexplikativen Analysen den Grundstein des Schwerpunkts. Die Auseinandersetzung mit Stimme(n) untermedialen Auspizien ist facettenreich: Gundula Hachmann Stimmlichkeit denkt (,vocality‘) und Realismuszusammen; Anna Bers hört und schaut intermedialen Stimmen im Online-Lesungsvideo nach; SilvanMoosmüller untersucht die Polyphonie in ,Wir‘-Erzählungen der Gegenwartsliteratur; Sascha Rothbartgeht in die stimmlichen Texturen von Rimbauds Sonett Voyelles hinein; in Einzelstudien untersuchen AnnaOlivari die lyrische Stimme bei Mascha Kaléko und Rosa Coppola die gesellschaftskritische Stimme KathrinRögglas; Shira Miron geht der Metapher des chiaroscuro, des Helldunkel bei Adorno, Schelling und Bachtinauf die Spur; und Anke Bosse sowie Gernot Waldner widmen sich schließlich dem „Polyphonisten“ WernerKofler in seinen Hörspielen und seiner dem Juristischen entspringenden Poetik.
In unserer Rubrik „Aus der digitalen Praxis“ stellen wir einerseits zwei spannende Wiener Editionen vor: dieentstehende digitale Sigmund-Freud-Ausgabe sowie die digitale Edition der Handke’schen Notizbücher.Andererseits stellt Christian Kaserer Überlegungen an, wie man mit einer digitalen Werkausgabe denwichtigen österreichischen Schriftsteller Franz Innerhofer wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückenkönnte.
Die Rubrik „Schwarzes Brett“ präsentiert zwei sehr unterschiedliche Stimmen der österreichischenLiteratur: Anton Tantner hat eine Edition eines wichtigen Beispiels der radikalen Richtung derösterreichischen Aufklärung besorgt, Franz Hebenstreit von Streitenfelds Eipeldauer Lied, und einstudentisches Autor:innenkollektiv schreibt über die Erzählstimme in einem der zentralen Werke derNachkriegsliteratur, Hans Leberts Roman Die Wolfshaut.
Unserer Videokolumnistin Daniela Strigl geht es gegen den Strich, dass beim Thema ,Stimme(n)‘ heutesogleich die virulente Frage auftaucht, wer für wen die Stimme erheben darf und wer wegen Appropriationangegriffen wird.